professorbunsens netzlabor

Man kann sich eigentlich nur wundern.

Kategorie: Design

Warum mich das iPad tief berührt

Zuweilen gerate ich, privat wie beruflich, in die Verlegenheit, die Fazination des iPad zu erklären. Mittlerweile glaube ich, das ist schnell erzählt.

(Um besser zu verstehen, was ich meine, muss man sich jetzt eine festliche Stimme vorstellen.)

Ich kann das Internet in den Händen tragen. Ich kann es anfassen. Und es berührt mich.

Lob des Produktes: Steve Jobs Vorhölle und Staedtlers Schreiblernstift

Ich wollte es nicht tun.

Werft ihr dem gefräßigen Leviathan ruhig immer weiter Geld in den Rachen, habe ich gedacht, huldigt diesem cholerischen Ausbeuterkapitalisten wie eurem Propheten, ich jedenfalls werde die Biographie von Steve Jobs nicht kaufen. Hatte ich gedacht.


Apple Inc. (Symbolbild)

Dann habe ich nachts in einem schwachen Moment diesen Artikel im New Yorker verschlungen und einen Klick weiter war da der iBooks-Store und tja, naja, je nun, ihrwisstschon.

Jedenfalls habe ich es nicht bereut.

Warum das Buch prima ist, könnt ihr im New Yorker nachlesen, ich möchte ergänzen, dass man nicht nur viel über Jobs und Apple, sondern auch einiges über das Silicon Valley erfährt, dieses kleine Tal, in dem sie den Heimcomputer erfunden haben und in der Folge auch so ziemlich alles andere, was uns Digitaleinwohnern von heute die Welt bedeutet.

Einer parallel zum Niederschreiben dieses Satzes in meinem Kopf durchgeführten Spontanumfrage zufolge dürfte der Hauptkaufgrund für dieses Buch das Füllhorn abstruser Anekdoten sein, die Jobs Persönlichkeit illustrieren und es nahelegen, seine Biographie nicht als Kinofilm, sondern als Sitcom zu inszenieren. Etwa die, wo er als zottelhaariger und barfüßiger Kotzbrocken, der fälschlicherweise annimmt, seine frutarische Diät, also die ganze Woche nix essen und sich dann Sonntags bei den Hare Krishnas kostenlos den Bauch mit Äpfeln vollzustopfen, würde regelmäßige Körperpflege überflüssig machen, stinkend die Firma Pantone dazu bewegen möchte, exklusiv für das Plastikgehäuse des Apple II neben den drölfhundertsechsundfünfzig auf der Welt existierenden Beigetönen ein ganz neues, vermutlich vollkommen revolutionäres Beige zu entwickeln. Oder die, wo er sich im Krankenhaus, bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, aus einer Narkose herauswindet, nur, um sich mit schwerer Zunge in verwaschener Sprache unflätig zu beschweren, die Betäubungsmaske sei unpraktsch und hässlich.

Auf die Spitze getrieben steckt darin des grundlegende Verlangen nach Dingen, die funktionieren und schön sind, das von den Unternehmen dieser Welt regelmäßig mit Füßen getreten wird. Wer ein Telefon von Siemens besitzt, weiß, was ich meine. (Und auch Apple ist alles andere als unfehlbar, es sei denn man betrachtet iTunes als practical joke und gelungene Softwareanmutung der Vorhölle.)

Eine löbliche Ausnahme in dieser Hinsicht bildet der Schreiblernbleistift von Staedtler, den ich diesem Text deshalb überschwänglich loben möchte.

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iPhone, iPad (Symbolbild, nicht im Bild: iTunes)

Er ist ein Bleistift, der bleistiftiger nicht sein könnte. Ein Bleistift, der nichts anderes ist als ein Bleistift, der ganz hervorragend ist in allen Qualitäten, die einen Bleistift ausmachen.

Es schreibt und zeichnet sich mit diesem Schreiblernstift ganz vortrefflich, zunächst natürlich, weil seine Mine mit 2B etwas weniger hart ist als das Standard gewordene ausdrucksschwache HB, so dass der Stift nicht nur sanft über das Papier gleitet, sondern bei verschieden starkem Andruck auch unterschiedlich dunkle Grautöne ermöglicht. Der das Schriftbild erzeugende Abrieb ist dabei sinnlich erfahrbar, die Berührung zwischen Stift und Papier kann man gut erfühlen, zuweilen bilden sich kleine, pulvrige Graphitspäne, ohne, dass das Schriftbild dadurch verschmieren würde.

Die Mine ist in einen soliden Holzstab hineingefräst, was dem Stift ein angenehmes Gewicht und einen vortrefflichen Klang verleiht. Wenn man ihn beherzt auf der Schreibtischplatte ablegt, gibt es ein schönes Klacken, wirft man ihn eher achtlos hin, hört man ein hübsches Klirren und wenn man ihn in der Hand hin- und herbewegt, zuweilen auch ein feines Sirren.

Und man ist versucht, ihn häufig in die Hand zu nehmen. Das liegt nicht nur am dreieckigen Querschnitt, mit dem er prima in der Hand liegt. Der Stift hat auch ein gutes Gewicht, das haarscharf über federleicht liegt, so dass die Wahrnehmung zwischen „leicht“ und „aber irgendwie auch doch schwer“ pendelt und eine sehr angenehm anzufassende rutschfeste Gummischicht, die nachgibt, aber nicht zu sehr, so dass der Eindruck zwischen „weich“ und „aber irgendwie doch auch fest“ pendelt.

Mein Wunsch an die Produktdesigner dieser Welt ist einfach: Stellt eure Arbeit nicht kurz vor Ende ein und überlasst dem Rest dem Marketing. Macht solange weiter, bis der Gegenstand am Ende so ist, wie er sein soll. Und sagt nicht vorher: „Ach, egal.“ Denn es gibt Kunden, denen ist das nicht egal.

Und die sind dann glücklich, ganz unabhängig davon, ob es ein Computer oder ein Bleistift ist.