Sonden der Unruhe
Angeregt durch Sebastians Kommentar zu meinem letzten Artikel trage ich folgenden Gedanken mit mir herum: Was ist eigentlich los mit der vielbeschworenen Transparenz und Authentizität, die für digitale Medienangebote allenthalben gefordert wird?
Gemeint ist damit, dass man heutzutage als Unternehmen nicht mehr über eine glänzende Fassade und ein zentral gesteuertes Werbebild zu einem guten Markenimage gelangt, sondern über den offenen Dialog mit den Kunden. Und Voraussetzung für das Gelingen dieses Dialogs sei eine „transparente“ und „authentische“ Kommunikation.
Ja, nun, „authentisch“. Was soll das heißen? Geht es darum, nicht zu lügen, sich nicht zu verbiegen, sich nicht bewußt zu inszenieren, nicht etwas darzustellen, was man nicht ist? Eigentlich bin ich ja ganz anders, ich komme bloß so selten dazu?
Und „Transparenz“? Ist nicht ein mediales Angebot, wie eigentlich alles dem wir auf dieser Welt begegnen, immer intransparent? In dem Sinne, dass man nie über annähernd genügend Informationen verfügen kann, um alle Sinnzusammenhänge eines Erkenntnisgegenstandes zu erkennen?
Und ist da nicht das schöne poetische Bild Dirk Baeckers, man müsse „Sonden der Unruhe“ ermöglichen, ein passender Gedanke? Dass Unternehmen und auch alle gesellschaftlichen Institutionen es zulassen müssen, durch kommunikative Einwirkungen von außen (Nutzerkommentare, öffentliche Fragen und Diskussionen, Mashups und Remixe, Meme etc.) irritiert zu werden. Dass „Authentizität“ bedeutet, dieser Art der Kommunikation nicht auszuweichen und dass „Transparenz“ bedeutet, diese Kommunikation so offen zu gestalten, dass Netzwerkeffekte entstehen können, damit „Sonden der Unruhe“ die Resonanzen erzeugen können, die Gestalten und Muster überhaupt erst erkennbar machen?